4. Juli 2017 Magdeburg
Unser Hotel am Jakobsberg lag außerhalb von Oschersleben und wird offenbar besonders von Rennfahrern frequentiert. Am Abend (18:30) hatten wir noch Lust auf einen Stadtbummel und ein Eis und fuhren die 4 km zurück. Parken war kein Problem, aber dann: nur gähnende Leere. Ein verlassener Marktplatz, einzige Lebewesen eine Rentnerin mit Hund, keine Eisdiele, keine Restaurants, keine Blumen, nur herabgelassene Jalousien. Als wir auf dem Weg zurück einen alten Mann fragen, wo denn wohl eine Eidiele sei, muss der lange nachdenken, bevor er sagt. „Eis? Der Asiate um die Ecke hat auch Eis.“ Oschersleben ist eine Stadt von knapp 20 000 Einwohnern. Wo sind die alle und was machen die abends?
Aber Magdeburg ist eine Entschädigung! Wenn man die Börse überwunden hat, trifft man auf eine moderne, lebendige Stadt, die zugleich großzügig und lauschig wirkt. Und dann natürlich der kolossale Dom und die Grüne Zitadelle, das Hundertwasserhaus, das man nur anschauen muss – und schon bekommt man gute Laune.
Im Erdgeschoss sind ein Theater, Ein Restaurant und eine wohlsortierte Buchhandlung untergebracht.
Als ich vor dem Dom stand und in die Höhe schaute, ereignete sich etwas Seltsames. Die schnell ziehenden Wolken schienen für einen Augenblick still zu stehen, und der Dom machte Anstalten, auf mich niederzustürzen. Es war bedrohlich. Ein Vexierbild.
Der Reiseführer beschreibt den Dom zu recht als ein Denkmal europäischen Ranges.Drei Dinge zeichnen ihn aus: Otto der Große liegt hier begraben, es ist der erste gotische Dom auf deutschem Boden und es ist der größte Sakralbau Ostdeutschlands. Durch den Dreißigjährigen Krieg und die Reformation ging die mittelalterliche Ausstattung zum größten Teil verloren, aber einige Kunstwerke haben die Zeiten doch überdauert. Mich beeindruckte vor allem eine Sandstein-Skulptur aus der Mitte des 13. Jahrhunderts: das „Herrscherpaar“. Sie haben sehr realistische modern wirkende Gesichter. Der Mann sieht aus, als habe er es faustdick hinter den Ohren.
Wir verweilten lange im Dom und haben doch lange nicht alles gesehen. Aber nach so viel steinerner Erhabenheit freute mich dann im Kreuzgang in einer Ecke eine ganz private Idylle. Vielleicht hat sich dort der Küster häuslich eingerichtet.