Die Verkleinerung der Welt durch eine Absicht
I
Vorbemerkung: Ich habe das gute alte Wort Absicht gewählt, an seiner Stelle könnte auch Projekt, Idee oder Ziel stehen.
Wir (Heide, 77, und ich, 80) haben fast sechs Wochen mit einem Projekt gelebt, nämlich mit der Absicht, uns täglich – von München aus – ein kleines Stück Lübeck zu nähern. Wie lange das dauern würde, konnten wir nur ganz ungefähr sagen, es gab zu viele Imponderabilien. Die Zeit war nicht die einzige unwägbare Größe, unsere Befindlichkeiten, Gefühls- und Stimmungsschwankungen waren ebenso nicht einschätzbar wie unsere körperlichen Kräfte (bezogen auf eine unbestimmte Dauer). Die Absicht war klar, aber was ist eine Absicht? Eine Hypothek auf die Zukunft, von der man nicht weiß, ob man sie ablösen kann.
Heide wollte täglich, statt nur allzu bekannte Trainingsrunden im Park zu drehen, unbekannte Strecken Richtung Norden laufen. 20 km ohne Zeitdruck, ja mit Stehenbleiben, um sich zu orientieren oder die Natur zu bewundern, das erschien ihr machbar. Ich wollte täglich, statt fiktive Wirklichkeiten zu entwerfen, über die ganz reale Welt schreiben und gerne – der Symmetrie halber – abends 20 Seiten aus meinen Büchern lesen. Gemeinsam war uns die Neugier, herauszufinden, ob denn nun unser fortgeschrittenes Alter irgendwie hinderlich sein würde, frohgemut unterwegs zu sein und jeden neuen Tag zu loben. Darum nannten wir unser Unternehmen: Abenteuer Alter.
Um es gleich vorweg zu sagen:
Dass wir beide nun schon so lange auf der Welt sind, hat dieser Reise einen besonderen Glanz verliehen. Wir sind auf den Geschmack gekommen und denken uns schon das nächste Abenteuer aus.
Ziegenrück in Thüringen, die fünfkleinste Stadt in Deutschland
Fortsetzung morgen.