Das perfekte Hotel

Nach 38 Hotelzimmern hintereinanderweg, von Anfang Juni bis Ende Juli, wissen wir genau, wie das perfekte Hotelzimmer auszusehen hat. Wir reden von einem ganz normalen Hotelzimmer für zwei in einem 3-Sterne-Hotel zu einem erschwinglichen Preis unter 100 €, einem Doppelzimmer. So ein Doppelzimmer ist per se für die Bedürfnisse von 2 Personen gedacht. Zwei, das ist in der Regel ein Paar, ein Mann und eine Frau, zwei Männer – oder zwei Frauen, was die Situation verschärft, denn zwei Frauen haben naturgemäß doppelt so viele Bedürfnisse wie eine Frau. Aber das perfekte Hotelzimmer sollte auch auf eine derartige Eskalation vorbereitet sein.

Zwei Betten sind selbstverständlich, oder zwei Schlafplätze in einem französischen Bett (unter 160 cm geht da gar nichts). Aber die Matratze! Sie ist das Herzstück eines jeden Hotelzimmers, weshalb unsere erste Handlung, wenn wir das uns zugedachte Zimmer betraten, ein Griff unter die Bettdecke war. Federkern oder Latex? Fest oder weich? Neu oder alt? Hotelbetreiber sollten routinemäßig in den Betten ihres Hauses eine Nacht verbringen. Alte Federkernmatratzen sind das Schlimmste, das einem gutgläubigen Gast zustoßen kann. Wenn man sich abends darauflegt, merkt man gleich, gutes Liegen fühlt sich anders an, aber, so denkt man, für eine Nacht wird das schon gehen. Es geht aber nicht, morgens könnte man eine Panorama-Landkarte der Matratze zeichnen: Gebirgszug am Kopfende, tellerförmige Erhebungen in der großen Senke südlich davon, insgesamt ansteigendes Niveau im Westen. Manchmal kann man die Schlagseite der Matratze schon mit dem bloßen Auge erkennen und nicht immer lässt sich so leicht Abhilfe schaffen wie in einem hundertjährigen Haus in der Altmark. Die Neigung der ausgetretenen Dielen glichen wir mit ein paar Bierdeckeln aus.

Also: Das perfekte Hotelzimmer sollte mit relativ neuwertigen Matratzen ausgestattet sein, die von komfortabler Breite sind – 90 cm bitte, alles darunter ist nur bequem für notorische Rückenschläfer. Die Verfallsdaten von Daunen- Steppdecken sind uns nicht bekannt, aber auch die attraktivste Bettwäsche tröstet nicht, wenn wir unter der Zudecke frieren, weil die letzten Federn sich zu Ansammlungen zusammengerottet haben und dazwischen Leere herrscht. Eine Steigerung unseres Missbehagens kann dann nur noch das Kopfkissen verursachen. Schon erstaunlich, was für Gebilde sich da auf Hotelbetten tummeln. Jede, ich wiederhole, jede Größe kleiner als 80 x 80 ist möglich, und auch für die Füllung – von schlaff bis prall – sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Wir wüssten dann immer gerne, auf was für einem Kissen denn wohl der Hotelbetreiber, also der, der an unserer Übernachtung in seinem Haus Geld verdient, schläft, und empfehlen, wenn es sich irgendwie machen lässt, auf Reisen (so wie wir) ein eigenes Kopfkissen mit sich zu führen.

Soviel zur Hauptsache einer Übernachtung fern dem besten aller Betten, dem eigenen, aber es gibt ja nun noch eine Menge Beiwerk, das dem Reisenden den Aufenthalt in einem Hotelzimmer angenehm macht. Das fängt mit der Frage an: Wohin mit den Koffern? In 38 Doppelzimmern gab es nicht ein einziges Mal zwei Kofferablagen. Hotelbetreiber sind offenbar einheitlich der Meinung, dass Benutzer von Doppelzimmern grundsätzlich mit einem Koffer reisen. Also muss ein zweiter Koffer entweder am Boden platziert und geöffnet werden, was nur für sportliche Personen praktikabel ist, oder auf einem Tischchen, das hoffentlich vorhanden ist, in verzweifelten Fällen auch auf einem schreibtischähnlichen Gebilde oder schief auf dem einzigen Sessel. Auf diese Weise verwandelt sich ein Hotelzimmer, das beim Betreten einigermaßen wohnlich und einladend aussah, in wenigen Minuten in ein Schlachtfeld. Von „wohnen“ kann keine Rede mehr sein. Vielleicht steckt Methode dahinter, denn so fühlt man sich genötigt, das Zimmer möglichst bald wieder zu verlassen und in der aufgeräumten Gaststube Zuflucht zu suchen.

Ein weiterer Punkt sind die Lichtverhältnisse in einem Hotelzimmer. Selten sind sie ausreichend, um in der Nacht eine heruntergefallene Pille zu finden. Nun darauf kann man vielleicht verzichten, aber nicht auf eine anständige Beleuchtung am Spiegel im Badezimmer. Für großflächiges Rasieren mag sie in den meisten Fällen ausreichen, aber nicht, um einen exakten Lidstrich zu ziehen. Unser Eindruck war, dass die Badezimmereinrichtungen in Hotels ausschließlich von Männern ausgeführt werden. Ausnahmen bestätigen die Regel und entzücken die überraschten Benutzerinnen am Morgen. Dass nur Männer am Werk waren, würde auch erklären, warum es grundsätzlich zu wenig Haken gibt, der Fön, wenn vorhanden, ein ohrenbetäubendes Ungeheuer ist, und sehr oft ein zweiter, großer Spiegel im Zimmer fehlt.

Wenn sich der männlich-technische Einfluss bei der Einrichtung von Hotelzimmern inklusive Badezimmern dann auch in jedem Fall auf die Dusche erstrecken würde, könnte man diese Mängel vielleicht hinnehmen, aber Duschen sind – gelinde gesagt – in deutschen Hotelzimmern (man erinnere sich: 3 Sterne) ein Trauerspiel. Wir könnten Seiten mit der Beschreibung von 38 Duschen füllen. Nur 7 von den 38 waren so, dass duschen Spaß machte. Am meisten Eindruck machte uns die Luxuskabine in einem Hotel in Thüringen: Geräumig, mit geschmackvollen Fließen und einer eleganten Falttür, Halterungen für diverse Shampoos und einem extrem großen, verstellbaren Duschkopf an einem chromblitzenden Gestänge –nur das Wasser ließ zu wünschen übrig. Es quoll drucklos und schlecht regulierbar aus der Brause.

Vom Frühstück und vom Parken haben wir noch gar nicht gesprochen. Das beste Frühstück war dort, wo uns die Besitzerin persönlich morgens unser Frühstücksei – weich! – kochte, die beste Parkmöglichkeit in einer Innenstadt dort, wo gleich im Hof der Lift das Gepäck in die oberen Etagen beförderte. Aber wenn man immer nur für eine Nacht absteigt, tröstet man sich auch immer mit der Aussicht auf das nächste Hotel.

Das perfekte Hotel haben wir nicht gefunden. Irgendetwas war immer.

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Wieder Zuhause

Die Verkleinerung der Welt durch eine Absicht

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Die durch unsere Absicht verkleinerte Welt, in der es sich so gut leben ließ, könnte man auch als Spiel begreifen. Wir haben uns ein Spiel ausgedacht. Mit bestimmten, minimalen Regeln, die eingehalten werden müssen. Solange wir spielen, sind wir geschützt vor allen Unbilden dieser Welt, einschließlich des Todes, und können das Beste, was wir sind, ungehindert entfalten. Da fällt mir natürlich sofort Schiller ein, der in seiner Schrift Über die ästhetische Erziehung des Menschen den berühmten Satz über das Spiel schreibt: Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.

Vielleicht kann das Alter auch genau das schenken: Man darf wieder spielen, wie man als Kind gespielt hat, ohne monetäre Zwecke, aus reinem Vergnügen an der Tätigkeit, zur Steigerung der Selbstgewissheit in zeitentrückter Gegenwärtigkeit.

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Wieder Zuhause

Die Verkleinerung der Welt durch eine Absicht

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Natürlich sind wir beide Privilegierte, und das ist uns auch bewusst. Zudem waren wir in einem Land unterwegs, in dem man an jeder Ecke etwas zu essen und ein gutes Bett findet, in dem einen niemand überfällt oder aus dem Hinterhalt erschießt. Außerdem schien die meiste Zeit die Sonne, sie wärmte unsere Haut und brachte die Landschaft zum Leuchten – uns fehlte nichts, um ein Übermaß an Freude und eine Vertiefung des Selbstgefühls zu erleben.

Aber vielleicht braucht es doch noch eine Voraussetzung für einen solchen Zustand des Selbstgenügens: Die Bereitschaft, auf liebe Gewohnheiten zu verzichten (der Mittagsschlaf seit 50 Jahren) und die Fähigkeit, tief eingewurzelte Überzeugungen loszulassen (ich kann nur im eigenen Bett gut schlafen – stimmt nicht, oder Nachthemden muss man alle paar Tage wechseln – muss man nicht).

Die (gut finanziell abgepolsterte) Nicht-Sesshaftigkeit hat, so scheint mir, noch andere Vorteile gegenüber der Sesshaftigkeit. Das Eigentum als Garant von Dauer und als Fetisch gegen die Angst vor dem Tod ist enorm verringert, und damit wird die Abwehr der existenziellen Bedrohung durch den Tod hinfällig. Es kann einen überall und jederzeit treffen – und wenn man 77 und 80 ist sowieso. Also dann: Freuen wir uns des Lebens!

Mein Lieblingsspruch ist von Epikur und lautet: „Wenn wir sind, ist der Tod nicht, und wenn der Tod ist, sind wir nicht.“

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Wieder Zuhause

Die Verkleinerung der Welt durch eine Absicht

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Die Welt, in der wir uns bewegten, war paradoxerweise kleiner, obwohl wir uns gerade aufgemacht hatten, das „große“ Deutschland von Süd nach Nord zu erkunden. Unsere Absicht schnitt aus dem großen Ganzen unsere subjektive Welt heraus, als wäre sie nur noch ein Tortenstück in einem Kreis. Unterwegssein hieß dieses Tortenstück, und das war als (vorübergehende) Daseinsform ein Ausschnitt mit anderen Lebensbedingungen als im Kreis:

Wir lebten in den Tag hinein, denn durch den ständigen Wechsel unserer Umstände war Planung kaum möglich. Wir mussten nur den kleinen, selbstgesteckten Rahmen unserer Absicht einhalten – und selbst den hätten wir jederzeit ändern können. Es war ein Leben im Augenblick und nicht sehr weit darüber hinaus. Die Dimension der Zukunft hatten wir fast aus den Augen verloren, und damit waren alle möglichen Ängste, die immer Kinder der Sorge um die Zukunft sind, verschwunden. Es waren keine weitreichenden Entscheidungen zu fällen, keine lästigen Pflichten zu erfüllen, es war keine Verantwortung zu übernehmen (außer für uns selbst) und keine Vorsorge zu treffen. Und selbst ums Geld haben wir uns keine Sorgen gemacht, weil wir das schon vorher (als wir uns noch um die Zukunft sorgten) geregelt hatten. Wir waren frei, uns durch den Tag treiben zu lassen, ganz nach unseren Bedürfnissen, dieses zu machen und jenes zu lassen.

Und „irgendwie“ passierte immer das Richtige, weil wir wollten, dass es das Richtige war.

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Relief an einer Mauer des Käthe-Kruse-Museums in Bad Kösen

 

 

Wieder Zuhause

Die Verkleinerung der Welt durch eine Absicht

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Also: Das waren unsere Absichten: laufen und lesen, Spaß haben, das Leben genießen und Botschafterin dafür sein, dass Alter auch großartig sein kann. Old is great! stand auf unseren Buttons. So weit es für uns erlebbar war, haben wir unsere Ziele zu 80% erreicht. Heide wäre gerne konsequenter 20 km gelaufen (Mücken und Hitze waren gegen sie), und ich hätte an manchem Ort gerne abends mehr ZuhörerInnen gehabt. Aber wer weiß, die Außenwirkung ist nicht einschätzbar, und Spaß hat es allemal gemacht. Außerdem: Von Deutschland kennen wir jetzt auch ein bisschen mehr.

ABER wir haben eine neue Erfahrung gemacht, mit der wir nicht gerechnet haben, nämlich, dass sich die Welt verkleinert, wenn man ihr mit einer fest umrissenen Absicht begegnet. Und: In einer verkleinerten Welt lässt es sich viel leichter leben.

Seit wir wieder zu Hause sind, ist die Welt wieder so groß, wie sie immer war. Sie stürzt geradezu auf uns ein, mit unheilvollen Weltnachrichten, mit Aufgaben, die sofort erledigt werden müssen, mit Notwendigkeiten, denen man nicht entgehen kann, mit Sinnfragen und Daseinszweifeln. Kurz: Die schwere existentielle Last liegt wieder auf unseren Schultern, die wir irgendwie – ja wie? – in den Wochen des Unterwegsseins abgeschüttelt hatten.

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Wieder Zuhause

Die Verkleinerung der Welt durch eine Absicht

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Gemeinsam ist uns beiden auch die Überzeugung, dass die gängigen Altersbilder in der Gesellschaft nicht mehr stimmen. Sie müssen angesichts des demoskopischen Wandels den neuen Gegebenheiten angepasst werden. So wollten wir mit unserem Projekt auch sagen:

 Leute schaut her! Alter ist nicht nur Verzicht, Rollator, beginnende Demenz und       Inkontinenz, sondern auch Freiheit und Lebenslust. Die verlängerte Lebenszeit heutzutage ist ein Geschenk, das es zu würdigen gilt.

Weil ich das alles schon in meinem Roman DIE BREITE DER ZEIT beschrieben habe, wollte ich auch gerne daraus vorlesen. Ich kenne keinen anderen Roman, der so konsequent weibliches Altern von innen und nicht mit dem kritischen Blick der Jüngeren von außen beschreibt. „Alter wird im Kopf gemacht“ habe ich schon in diesem Roman 2007 geschrieben, und zu meinem Vergnügen lese ich gestern in der Süddeutschen Zeitung wieder einmal über fundierte Forschungsergebnisse, die diesen Satz bestätigen. „Selbsteinschätzung“, heißt es da, „hat eine enorme Wirkung auf das eigene Wohlbefinden. Gedanken können den Körper ganz unabhängig vom Lebensstil positiv beeinflussen – oder aber die Lebenserwartung verkürzen.“ Just so!

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Wieder Zuhause

Die Verkleinerung der Welt durch eine Absicht

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Vorbemerkung: Ich habe das gute alte Wort Absicht gewählt, an seiner Stelle könnte auch Projekt, Idee oder Ziel stehen.

Wir (Heide, 77, und ich, 80) haben fast sechs Wochen mit einem Projekt gelebt, nämlich mit der Absicht, uns täglich – von München aus – ein kleines Stück Lübeck zu nähern. Wie lange das dauern würde, konnten wir nur ganz ungefähr sagen, es gab zu viele Imponderabilien. Die Zeit war nicht die einzige unwägbare Größe, unsere Befindlichkeiten, Gefühls- und Stimmungsschwankungen waren ebenso nicht einschätzbar wie unsere körperlichen Kräfte (bezogen auf eine unbestimmte Dauer). Die Absicht war klar, aber was ist eine Absicht? Eine Hypothek auf die Zukunft, von der man nicht weiß, ob man sie ablösen kann.

Heide wollte täglich, statt nur allzu bekannte Trainingsrunden im Park zu drehen, unbekannte Strecken Richtung Norden laufen. 20 km ohne Zeitdruck, ja mit Stehenbleiben, um sich zu orientieren oder die Natur zu bewundern, das erschien ihr machbar. Ich wollte täglich, statt fiktive Wirklichkeiten zu entwerfen, über die ganz reale Welt schreiben und gerne – der Symmetrie halber – abends 20 Seiten aus meinen Büchern lesen. Gemeinsam war uns die Neugier, herauszufinden, ob denn nun unser fortgeschrittenes Alter irgendwie hinderlich sein würde, frohgemut unterwegs zu sein und jeden neuen Tag zu loben. Darum nannten wir unser Unternehmen: Abenteuer Alter.

Um es gleich vorweg zu sagen:

Dass wir beide nun schon so lange auf der Welt sind, hat dieser Reise einen besonderen Glanz verliehen. Wir sind auf den Geschmack gekommen und denken uns schon das nächste Abenteuer aus.

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Ziegenrück in Thüringen, die fünfkleinste Stadt in Deutschland

Fortsetzung morgen.

TAG 38 Fortsetzung

Unseren letzten Tag in Ratzeburg haben wir noch richtig genossen. Das Wetter war schön, warm und windstill, und wir waren noch in dem Gefühl unterwegs: Das geht immer so weiter, jeden Tag ein neuer Ort und nichts weiter zu bedenken als: wo werden wir schlafen, wo werden wir etwas Ordentliches zu essen bekommen, wo laufen „wir“, wo treffen wir uns, und wann schreibe ich? So nahmen wir uns Zeit für das A. Paul Weber-Haus. Ich war ein paar Mal zu Sonderausstellungen dort (Lasker-Schüler erinnere ich) und habe Weber nur nebenbei wahrgenommen. Jetzt aber richtig – bis in den mittelalterlichen Gewölbe-Keller, wo 700 Lytho-Steine aufbewahrt werden (beidseitig bezeichnet). Es sind Solnhofer Kalkschiefer-Platten, und es freut mich, dass ich weiß, wo sie herkommen. Aus dem Altmühltal nämlich. Ein solches Stein-Archiv ist weltweit einzigartig, da die meisten Künstler die teuren Steine nach Druck wieder abgeschliffen und erneut verwendet haben.

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Der Mann hat ein unfassbar umfangreiches Werk hinterlassen. Die Sammlung auf der Ratzeburger Dominsel umfasst nur etwa 300 Werke, darunter auch Gemälde, Weber hätte auch genauso gut ein erfolgreicher Maler werden können. Vielen seiner zeitkritischen Zeichnungen müsste man nur neue Unterschriften verpassen, und sie wären absolut aktuell. Wie die folgende Zeichnung aus der Reihe „Schachspiel der Weltgeschichte“. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.

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Und wieder eimal (für mich) der Ratzeburger Dom, für Heide zum ersten Mal. Der Dom gehört mit zu den ältesten Backsteinkirchen Norddeutschland. Mir gefällt immer wieder seine gedrungene Gestalt, und wie er da so auf seiner Insel umgeben von Wasser thront. Aber sein heller Innenraum wirkt im Gegensatz zu dem in Mölln mit seinem andachtsvollen Dämmerlicht nüchtern, so recht protestantisch.

Wir spazieren um den Küchensee und lassen die Zeit vergehen, denn erst für 5 Uhr ist unser Erscheinen in Rothenhusen angesagt. Für die letzten verbleibenden circa 12 km braucht Heide nicht mehr als eineinhalb Stunden. Wir sollten zusammen ankommen, war mit den Freunden abgemacht. Das tun wir dann auch, erst Heide, dann ich mit dem Auto. Eine Girlande ist über die Straße gespannt, die Heide in vollem Lauf durchbricht als wäre sie ein Zielband – was sie dann ja auch ist: Wir sind angekommen. Großes Hallo. Blumen, herzliche Umarmungen. Lauter liebe Freunde haben sich aufgemacht, uns zu begrüßen. Ich bin ganz gerührt. Herzlichen Dank Euch allen an dieser Stelle. Wir haben uns beide sehr gefreut, so empfangen  zu werden.

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Es war der wärmste Tag der Woche – in jeder Hinsicht. Wir feierten alle noch lange an einem großen Tisch direkt am Ratzeburger See. Es war ein wunderbarer Abend, milde und windstill, und der See glatt wie ein ausgebreitetes Tuch vor unseren Augen. Eine wunderschöne Heimkehr nach 38 Tagen UNTERWEGS. Alle, die dabei waren, werden diesen Abend sicher noch lange in guter Erinnerung behalten.

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TAG 38

17. JULI 2017 RATZEBURG

Zu guter Letzt noch ein ernsthaftes Internetproblem, so dass ich nur wenig über das Handy hochladen kann. Alles Weitere schreibe ich dann von Zuhause.

Heide ist heute von Mölln bis zur Farchauer Mühle bei Ratzeburg gelaufen – ihre vorletzte Etappe. Ich bin zuerst zum Waldhof (Mölln) gefahren und von da auf  einer zauberhaften, sehr kleinen Straße über Schmielau zur Farchauer Mühle, wo man ausgezeichnet Fisch essen kann, fangfrisch aus dem Schmalsee. Der Wald ist sehr dicht dort und von unzähligen Forstwegen durchzogen, die zum Teil beachtliches Gefälle haben.

In Ratzeburg bin ich lange nicht mehr gewesen. Ich hatte es als eine lebendige kleine Stadt mit vielen interessanten Läden und ansprechenden Restaurants in Erinnerung. Jetzt konnte ich nichts davon wiederfinden. Wir fanden kein Café im Zentrum, so dass Heide ihren dringend benötigten Capuccino in einem Bäcker-Shop trinken musste. Morgen wollen wir unbedingt noch zum Dom und zum Weber-Haus, bevor Heide Richtung Rothenhusen startet.

Wir sind gespannt, wer uns morgen in Rothenhusen erwartet. Abgesprochen ist jetzt mit unserer Pressefrau, Ingken Wehmeyer. Dass wir beide zusammen (Heide laufend, ich fahrend) um 17 Uhr in Rothenhusen ankommen.

Und hier noch unser Abschiedsfoto von Mölln heute Morgen.

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TAG 37

16. Juli 2017 Mölln

Heide ist heute von Siebeneichen bis Mölln gelaufen. Immer am Elbe-Trave-Kanal entlang. Einerseits ist das eine „sichere“ Route, wo „Verlaufen“ quasi unmöglich ist, andererseits fand sie es denn auch „langweilig“. In Siebeneichen ist eine unter Denkmalschutz gestellte Fähre in Betrieb. Diese Fährverbindung existiert seit 1900 und ist eine handbetriebene Seilzugfähre. In Siebeneichen stieß ich noch auf einen ganz besonderen Baum, einen

 P O E T R E E

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Ein mir bisher nicht bekanntes Kleinod ist der 130 ha große Prüßsee bei Güster. Er liegt zwischen Lauenburg und Mölln im Naturpark Lauenburgische Seen. Der Prüßsee besteht aus einzelnen Seen, die miteinander verbunden sind, und man kann dort alles machen, was am Wasser Spaß macht, ein Haus mieten oder mitbringen und campen, angeln, Boot fahren, grillen und natürlich baden. Gepflegt auf einer Seeterrasse sitzen und Kaffeetrinken kann man natürlich auch. Von Lübeck aus ein Katzensprung. Ich habe mich ganz per Zufall dorthin verirrt und war sehr beeindruckt von den vielen Freizeitmöglichkeiten, die sich aber so in dem weitläufigen Areal verteilen, dass die schöne Natur immer noch genügend zur Geltung kommt.

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Und dann war ich auch schon in Mölln, das ja quasi vor meiner Haustür liegt. Aber heute war ich noch in status touristi   wie die letzten 5 Wochen, eine Durchreisende, die in kurzer Zeit möglichst viel von einem Ort sehen möchte. Und siehe da, trotz des grauen Wetters machte ich einen erlebnisreichen Spaziergang durch Mölln. Mölln hat eigentlich keinen Marktplatz, aber doch einen zentralen Platz an der Nicolai-Kirche mit schönen Häusern, darunter das Till-Eulenspiegel-Museum.IMG_0550

Das Wahrzeichen Möllns, die über der Stadt auf dem Eichberg gebaute spätromanische Basilika St. Nicolai, hat mich richtig entzückt. Sie ist das einzige Bauwerk aus der Gründungszeit der Stadt. Ich war im Laufe der Jahre schon öfter in Mölln, aber diese Kirche habe ich nie bewusst wahrgenommen und von innen besichtigt habe ich sie bestimmt nicht. IMG_0565

Das Foto gibt nur sehr unvollkommen die Stimmung in diesem reich ausgestatteten sakralen Raum wieder, man sollte nach Mölln kommen und sich St. Nicolai mit eigenen Augen anschauen. Schätze aus acht Jahrhunderten christlichen Lebens sind hier versammelt. Es lohnt sich schon, nur um diese Pieta im Eingangsbereich zu betrachten.

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